Einsichten für Nachsichten

Schön, wenn ich noch lernfähig bin. Schön, wenn ich noch lernen möchte und das hoffentlich auch tue.

Ich glaube, in den vergangenen zwei bis zweieinhalb Jahren haben wir alle viel über uns gelernt. Du hast sicher während dieser Pandemie auch Dinge an dir festgestellt, die du nicht von dir kanntest und die nun in dieser Notlage ans Tageslicht gekommen sind. So auch bei mir.

Ich habe das Gefühl, dass ich mal wieder einiges dazu sagen muss, auch vieles klar stellen, ja sogar richtig stellen muss – besonders im Bezug auf meine vorherigen Texte. Doch: mal wieder die Frage: wo anfangen?

Muss ich mich entschuldigen? Es fühlt sich an, als müsste ich mich bei mir selbst entschuldigen. Dafür, dass ich mich so habe aufscheuchen, mich so habe aus der Ruhe bringen lassen. Diesen ganzen Widerstand, die ganze Anspannung war die Sache nicht wert.

Ich spreche hier in der Vergangenheitsform, wenngleich die Angelegenheit noch nicht hinter uns liegt. Das Augenmerk der Welt liegt nun nur woanders und das erfreulicherweise, denn das gibt mir die Möglichkeit Luft zu holen und zurück zu blicken.

Mittlerweile ist der Druck und der Zwang weg und ich habe wieder Zugriff auf meine Vernunft. Den Teil meines Gehirns, der nicht recht funktionieren mag, wenn ich das Gefühl habe zu Dingen gezwungen zu werden. Das war die vergangenen zwei Jahre der Fall. Ich merke das nun unter anderem daran, dass es mir leicht fällt einen Mund- und Nasenschutz zu tragen, um (mich und) andere zu schützen.
Wird mir die Entscheidung überlassen, mir meine Mündigkeit zugestanden, gibt es keine Argumentation für Widerstand. Ich verhalte mich gerne so, dass ich mich und andere Schütze.

Eine Situation, in der ich das über mich lernen konnte: Werde ich gezwungen etwas zu tun, regt sich in mir Widerstand, gar Bockigkeit und es widerstrebt jedem mir anerzogenen Freiheitsempfinden. Egal, wie sinnvoll oder vernünftig die Sache ist oder vorgibt zu sein, zu der ich gezwungen werde.

Es ist auch interessant zu sehen, wie viele Subjekte in unserer Gesellschaft gerne jede Gelegenheit nutzen möchten, möglichst schnell viel und dauerhaft Zwang auszuüben. Glücklicherweise habe ich auch hier zu früh zu schwarz gesehen. Es wurden Gedanken ausgesprochen, Menschen als psychisch krank zu deklarieren, wenn sie sich nicht fügen.
Die Versuche die Gesellschaft mit Hilfe de Mobiltelefone (zusätzlich) zu überwachen, haben erfreulicherweise nicht gefruchtet. Es bleibt also erstmal “nur” bei der derzeit üblichen Überwachung. Die großen, von mir befürchteten Paradigmenwechsel sind ausgeblieben. Es gibt keine Kontrollen von Impfstatus und -stoffen. Der Zeitrahmen, den ich vorausgesagt hatte, in dem die Regelungen und Maßnahmen wieder aus dem kollektiven Bewusstsein verschwinden, ist nicht eingetreten.

Die strenge Reglementierung und Kontrolle dieser Regeln mit gegenseitiger Selbstüberwachung hatte ich eine Zeit von etwa fünf Jahren zugeschrieben. Dann jedoch, weil Menschen eben dumm und dreckig sind, hatte ich die menschliche Natur wieder Überhand nehmen vermutet. Ein Zeitrahmen in dem wir wieder zu den ekelhaften Wesen würden, die wir schon immer waren.

Das ist sehr viel schneller wieder eingetreten, eigentlich nie wirklich weg gewesen, wenn ich mir manches Erlebnis auf Herrentoiletten in Erinnerung rufe. Naja, Damentoiletten will ich davon nicht ausnehmen. Da habe ich zumindest ein akustisches Bild davon, wie dort oftmals die Waschmotivation ist.
Aber es geht jetzt hier nicht um die anderen. Es geht um mein Erleben, mein Verhalten.

Jüngst habe ich Mitleid für die Entscheidenden Menschen in der Pandemie entwickelt. Kaum bin ich aus der Sippenhaft mit den ekligen anderen Menschen entlassen, entwickle ich Verständnis für die Bürde, die die Menschen tragen, die darüber zu Bestimmen haben, wie zu verfahren ist. Die Verantwortung dafür übernehmen müssen, wie gehandelt werden soll, die versuchen müssen, so vielen wie möglich gerecht zu werden.
Nachdem ich diese Menschen dafür verabscheut, sie als Despoten und Diktatoren empfunden habe, die sich herausnehmen mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe.
Das Gemotze darüber wie es besser wäre, können sich nur jene leisten, die nichts zu entscheiden haben, die keine Verantwortung tragen müssen.

Nun, da der Kampf gegen den Zwang, potenzieller oder realer Natur, vorüber ist, verstehe ich jene nicht, die immer noch meinen, gegen irgendetwas Widerstand leisten zu müssen. Es ist vorbei. Es gibt keinen Grund mehr für Widerstand. Es gibt keinen Grund mehr dafür sich bevormundet, sich der eigenen Entscheidungsfähigkeit beraubt zu fühlen. Es gibt also auch keinen Grund mehr für mich zu sagen, dass es erlaubt sein muss Widerstand zu leisten. Das ist dann nämlich mangels einer Gewalt die ausgeübt wird, kein Widerstand mehr, sondern eine neue Gewalt in der Welt, die neu bewertet, neu gemessen werden will und so wie ich das sehe, eine neue Kraft, gegen die ich Widerstand leiste, weil sie keinen Sinn hat.

Sie ist nur noch Sammelbecken für das, was vorher alle Möglichkeiten des Widerstandes verseucht hat. Der Dreck vom rechten Rand, der alles vergiftet, womit er in Kontakt kommt und der jeden Versuch eine vernünftige Diskussion über das Thema zu führen, mit verschwörerischen und ideologischen Hirngespinsten durchsetzt hat.

Ich bin immer noch der Überzeugung, dass Widerstand immer erlaubt sein muss. Dass sich dem Widerstand in dieser Sache immer dieser ekelhafte Schlag Mensch hinzugesellt hat, ist ärgerlich. Und es ist schade, dass Menschen, die ganz eindeutig nichts mit Verschwörungen und Ideologien zu tun haben (wollen), damit in einen Topf geworfen worden sind. Das ist eine sehr schlimme Erkenntnis über unsere Gesellschaft, die mir weh tut und mich besorgt.

Ich bin froh, dass ich jemanden hatte, die die Geduld hatte, sich meine Gedanken anzuhören. Eine Frau, mit der ich diskutieren konnte, die meine Ansichten angehört, bestätigt und korrigiert hat und die mir auch dazu diente, dass ich meine Ansichten aussprechen und sie hören konnte. Wer weiß, wohn ich sonst mit meinen Ansichten, meinen Gedanken gekonnt hätte, wenn sie nicht gewesen wäre. Alles aufschreiben wäre sicher schön gewesen aber dann hätte ich jetzt sicher noch viel mehr klarzustellen. Abgesehen davon, dass ich so viel einfach nicht hätte schreiben können oder wollen. Ich bin froh über die paar Menschen, die mich angehört und nicht abgestempelt oder abgeschnitten haben.

Es ist immer noch schade, dass sich Menschen von mir abgewandt haben, weil ich nicht mitgeschwommen bin. Es tut weh, dass es Menschen gibt, die, obwohl sie mich mitunter schon zehn Jahre kennen bzw kannten, einfach den Faden zu mir abgetrennt haben. Deswegen. Es ist schlimm, dass das sicher nicht selten in der Welt passiert ist. Es ist schlimm, dass ich mit dem Gedanken leben muss, dass mich mindestens zwei Menschen für jemanden halten, der Verschwörern mehr Glauben schenkt, als wissenschaftlichen Tatsachen. Dass mindestens diese Menschen von mir denken, dass “Glauben” für mich überhaupt eine Rolle spielt. Aber so ist es nunmal. Es ist schlimm, dass so viele neue Gräben des Hasses gegraben worden sind, dass aus einer Sache des Lernens, Verstehens und der Aufklärung eine machtpolitische Sache geworden ist. Aber so ist es nunmal.

Ich stehe nach einigen Zeilen wieder da und frage mich, ob ich alles geschrieben habe, was ich schreiben wollte. Ich denke, was noch wichtig ist zu sagen, ist dass dies eine Probe war. Die Anzahl der Menschen die diesen Planeten bewohnen, wird immer größer. Entsprechend gehe ich davon aus, dass wir noch einige Pandemien erleben werden.

Ich hoffe, dass nicht nur ich reflektiere und darüber nachdenke, was ich in der letzten über mich festgestellt habe und verbessern kann, sobald die nächste kommt.

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  1. Schön, von dir zu lesen. 🙂 Freue mich sehr, dass du den Kopf wieder frei hast und deine Gedanken hier mit anderen teilst.
    Sei nicht so streng mit dir – du bist auch nur ein Mensch. Liebe Grüße, Jen

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